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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 18.01.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 2/07
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 28 Abs. 2 S. 2 | |
StPO § 372 |
Gründe:
Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 15. Juni 2004 (331 Js 27.058/03 - 15 KLs) wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung in drei Fällen, davon in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Freiheitsberaubung, sowie wegen Nötigung und wegen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt. Das Urteil wurde nach Verwerfung seiner Revision am 20. Januar 2005 rechtskräftig.
Er betreibt ein Wiederaufnahmeverfahren in dieser Sache, das bei dem Landgericht Kassel anhängig ist.
Nachdem die Wiederaufnahmekammer die Zeugin Z1, zu deren Nachteil die ersten vier der abgeurteilten Taten begangen wurden und gegen deren Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit sich das Wiederaufnahmeverfahren vor allem richtet, durch einen beauftragten Richter, Richter am LG Dr. ..., am 21.09.2006 vernommen hatte, lehnte der Verurteilte diesen und den Vorsitzenden der Kammer, Vorsitzenden Richter am LG ..., durch Schriftsatz, datiert auf den 19.10.2005 (gemeint wohl: 19.10.2006), eingegangen am 20.10.2006, wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
Durch den angefochtenen Beschluss vom 21. November 2006 wies die Kammer - ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter - den Ablehnungsantrag als unbegründet zurück. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten.
Eine Entscheidung der Kammer über den Wiederaufnahmeantrag ist noch nicht ergangen.
Das Rechtsmittel hat aber keinen Erfolg, da es gemäß § 28 Abs. 2 S. 2 StPO unzulässig ist.
Die sofortige Beschwerde kann nicht auf § 372 StPO gestützt werden, denn dies kommt nur für Entscheidungen nach §§ 368 Abs. 1, 370 Abs. 1 und 2 und 360 Abs. 2 StPO in Betracht (vergl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 372, RNr. 1; KK-Schmidt, StPO, 5. Aufl., § 372, RNr. 1, jew. m. w. Nachw.).
Insofern richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsmittels im Verfahren über die Richterablehnung ausschließlich nach § 28 StPO.
In entsprechender Anwendung von § 28 Abs. 2 S. 2 StPO ist die einen Ablehnungsantrag zurückweisende Entscheidung auch im Verfahren über die Wiederaufnahme nur zusammen mit der Endentscheidung anfechtbar.
Unmittelbar betrifft § 28 Abs. 2 S. 2 StPO nur den erkennenden Richter, d. h., einen Richter, der berufen ist, an einer Hauptverhandlung mitzuwirken (z. Begriff: vergl. Siolek in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 28, RNr. 12). In der Rechtsprechung wird der Begriff des erkennenden Richters unterschiedlich weit gefasst. Teilweise wird er auch in direkter Anwendung auf in Strafvollstreckungskammern tätige Richter erstreckt (so Siolek-LR a.a.O., RNr. 16; i. E. auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.07. 2004, NStZ 2005, 296, jew. m. w. Nachw.), ebenso wie teils auch auf in anderen Verfahrensarten tätige Richter (vergl. Siolek-LR a.a.O. RNr. 20 - 26, m. w. Nachw.), teilweise wird hier § 28 Abs. 2 S. 2 StPO nur entsprechend angewandt (OLG Düsseldorf, 1. Sen., Beschl. v. 01.10.86, NStE Nr. 1 zu § 28 StPO; OLG Koblenz, Beschl. v. 11.02.86 - 2 Vollz (Ws) 3/86 -, so auch OLG Frankfurt in st. RSpr., z. B. Beschl. v. 21.06.05 - 2 Ws 90/05 - [jeweils zu StVK]; OLG Koblenz, Beschl. v. 11.03.92, NStE Nr. 3 zu § 28 StPO [zum Verfahren über die Wiederaufnahme]), teilweise wird eine entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 2 S. 2 StPO auch bei enger Fassung des Begriffs des erkennenden Richters gänzlich abgelehnt (OLG Nürnberg, Beschl. v. 24.06.88, NStE Nr. 2 zu § 28 StPO [zur StVK]; OLG Düsseldorf, 3. Sen., Beschl. v. 21.11.94, NStE Nr. 5 zu § 28 StPO [zur Wiederaufnahmekammer]).
Der Senat hält auch für das Verfahren über die Wiederaufnahme an der entsprechenden Anwendung von § 28 Abs. 2 S. 2 StPO fest.
Die Prozesslage im Verfahren über die Wiederaufnahme entspricht sowohl der, für die, als Ausnahme zu § 304 StPO, § 305 StPO geschaffen wurde (dessen Anwendbarkeit im Verfahren über die Wiederaufnahme auch OLG Düsseldorf, 3. Sen. a.a.O. bejaht), als auch der Regelung des § 372 StPO, nach der - außer Haftentscheidungen - nur das Verfahren abschließende Entscheidungen anfechtbar sind.
Wie die Regelung des § 305 StPO Verfahrensverzögerungen verhindern soll (vergl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 305, RNr. 1), wenn Entscheidungen der erkennenden Gerichte sowohl auf Beschwerde als auch auf das Rechtsmittel gegen das Urteil überprüft werden müssten, wird durch die eingeschränkte Anfechtungsmöglichkeit nach § 372 StPO (vergl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 372 RNr. 1 + 2; KK-Schmidt, a.a.O., § 372 RNr. 1 - 5) ebenfalls eine Verzögerung bei vergleichbarer Prozesslage vermieden, ohne dass dadurch dem Beschwerdeführer sein Rügerecht, das er weiterhin mit der Anfechtung der Endentscheidung geltend machen kann, beschnitten würde.
Dass gemäß § 372 S. 2 StPO der Staatsanwaltschaft die sofortige Beschwerde gegen die Anordnung der Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung versagt ist, führt nicht zu einer anderen Beurteilung (so aber OLG Düsseldorf, 3. Sen. a.a.O.). Zum einen ist eine solche Konsequenz auch andernorts, z. B. in §§ 55 Abs. 2 JGG, 28 Abs. 2 S. 2 StPO (vergl. OLG Köln, Beschl. v. 19.03.76, - Ss 118/76 -; OLG Hamm, Beschl. v. 27.04.89, - 3 Ws 255/89 -) im Gesetz angelegt, zum anderen ist diese Fallgestaltung vorliegend nicht entscheidungserheblich.
Ende der Entscheidung
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